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Das Drahtlos-V2-Projekt

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Kürzlich kam Bernd Leistift an einem Haufen Sperrmüll vorbei. Da lag eine Schachtel mit altem Elektronik-Material. Und oben auf lagen ganz ordentlich einige alte Röhren. Unter anderem war da eine PL504 und eine PL36, also genau die Röhren, die Drahtlos in dem legendären Verstärker V2 der Heißen Röhren verwendet hatte. Da reifte der Entschluss: Das Ding muss gebaut werden!

Unsere Voraussetzungen sind eigentlich optimal: Keine Ahnung von Röhren, kaum Elektronik-Vorkenntnisse, aber ein alter, dicker Lötkolben mit Holzgriff. Immerhin haben wir einen Internetanschluss und eine Feuerversicherung. Und sogar ein altes Röhren-Datenbuch war bei dem Material aus dem Sperrmüll. Was sollte also schief gehen.

Trotzdem kamen Zweifel auf. War das eigentlich Zufall mit den Röhren? Hat ER vielleicht daran gedreht? Oder sind wir gar schon völlig drahtlos ferngesteuert? Immerhin wussten wir ja, was mit den Verstärkern damals passiert ist. Mit einem Wort, uns war nicht ganz wohl bei der Sache. Wir beschlossen trotzdem, es mit äußerster Vorsicht zu versuchen.

Achtung, wichtige Warnung: DIES IST KEINE NACHBAUANLEITUNG, sondern eher ein Leidensbericht. Wir übernehmen keinerlei Verantwortung für Stromschläge, Zimmerbrände und zerstörte Ehen!

Zunächst einmal, was unterscheidet den V2 von anderen Röhrenverstärkern? Die unvollständigen Unterlagen sagen folgendes:

Die Röhren waren nun da, eine zusätzliche ECC81 war auch dabei. Wie wir aus vergleichbaren Schaltungen im Internet sehen konnten, braucht man so was auch. Aber das Problem waren die Röhrenfassungen. Nach längerem Suchen auf mehreren Flohmärkten hatten wir eine neunpolige Fassung für die ECC81 und zwei größere Fassungen, die zur PL504 passten. Nur leider war für die PL36 überhaupt nichts zu finden.

Zwei gleiche Trafos waren auch nicht da. Wir hätten zwar welche kaufen können, aber das verstieß gegen die Drahtlos-Ehre. Das Ding muss komplett aus Schrott gebaut werden! Deshalb wurden zwei verschiedene Trafos aus kaputten Netzteilen verwendet. Zum Glück waren auch noch zwei alte Elkos für hohe Spannungen aufzutreiben. Genügend Widerstände und alte Kondensatoren waren ja bei unserem Sperrmüllfund.

Wie kommt man zu einem ersten funktionierenden Aufbau? Sollten wir ein Aluchassis biegen und mühsam Löcher für die Röhrenfassungen sägen? Bei einer Tasse Tee und einigen Keksen stand unser Chassis plötzlich vor uns: Die Keksdose! Ein kurzer Versuch zeigte, dass man mit einer alten Schere prima Löcher reinschneiden kann. Apropos schneiden, die scharfen Blechkanten schneiden auch prima in Finger. Jedenfalls musste gleich am ersten Abend der Verbandskasten bemüht werden. Danke, Herr Drahtlos!

Trotzdem gelang es uns am gleichen Abend noch, die wichtigsten Dinge auf das Chassis zu schrauben. Das Problem der PL-36-Fassung wurde auch gelöst. Ein paar Kupferdrähte an die Stifte gelötet, dann passt es auch in die andere Fassung!

Und die Heizanschlüsse der drei Röhren wurden auch verbunden, und zwar in Reihe. Aber wie sollte es ohne Netztrafo weiter gehen? Nach Auskunft des Datenbuchs brauchen die Röhren 27 V (PL504), 23 V (PL36) und 6,3V (ECC81), macht zusammen 66,3 V. Und nun, wo bleiben die anderen 164V? ...

Umfangreiche Recherchen im Internet brachten die Idee. Ein Kondensator kann als Vorwiderstand eingesetzt werden. In der Kramkiste waren zwei Kondensatoren mit 2,2 Mikrofarad und 250 Volt. Irgendwie konnten wir dann ausrechnen, dass das ungefähr passen müsste. Also wurden die Kondensatoren eingebaut.

Und auf die Gefahr hin, dass gleich alles in Rauch aufging, wurde der Netzstecker eingesteckt. Erst als alles munter glühte, kam Leistift wieder hinter dem Sofa vor.

Aber da war noch ein Problem! Der Netzstecker direkt am Chassis? Wie sollte man da verhindern, dass einer von uns irgendwann mit glüht? Es kommt auf die Richtung an, in der wir den Stecker in die Steckdose stecken. Einmal kann die Phase am Chassis liegen, ein anderes Mal der Nullleiter. Uns kam eine Idee: Für die ersten Versuche wurden Stecker und Steckdose mit einem Filzstift markiert, nachdem ein Phasenprüfer, also so ein Schraubenzieher mit Glimmlampe drin, uns die Richtung gezeigt hat. Das Ganze war uns irgendwie mulmig. Leistift meinte, das geht auf jeden Fall irgendwann schief.

Sollte unser Bericht irgendwann plötzlich abbrechen, dann hatte er Recht. Wir nahmen uns vor, nach einer besseren Lösung Ausschau zu halten.

Also bis zum nächsten mal,
Johannes

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