Schon zwei Wochen nach dem ersten Erscheinen hatte ich den Wunsch das
Buch zu erweitern. Das Kapitel 9 ist neu hinzugekommen. Wer die erste
Auflage hat, kann mir eine Mail schicken, damit ich das Kapitel 9 als
PDF nachreiche. Außerdem hat das Buch ein neues Cover-Bild bekommen.
Das alte Bild war mir zu dunkel. Das neue Bild ist übrigens eine
grafische Verfremdung eines Spektrums, das man im Kapitel 2 findet.
EINLEITUNG
In der Elektronik gibt es einen breiten Konsens, welche Schaltungen
und welche Anwendungen der wichtigsten Bauteile zum Grundwissen
gehören. Oft reicht schon ein Blick in das Datenblatt des Herstellers
um zu erfahren, wie ein Bauteil normalerweise eingesetzt werden sollte.
Daneben gibt es aber auch viele weniger bekannte Effekte, die nur
selten, und dann vielleicht als Störeffekte in Erscheinung treten. Aber
manchmal mutiert ein unerwünschter Störeffekt zu einer nützlichen
Anwendung. Einige der größten Erfindungen sind durch Zufälle
entstanden, bei denen etwas ganz anderes gefunden wurde, als
ursprünglich im Fokus stand. Röntgen z.B. wollte Kanalstrahlen, also
schnelle Elektronen untersuchen. Und nur weil zufällig ein
fluoreszierender Stoff im Labor war, entdeckte er die später so
genannten Röntgen-Strahlen.
Mir ist es oft so gegangen. Etwas hat nicht funktioniert wie geplant,
und bei der Fehlersuche bin ich auf Phänomene gestoßen, die ich noch
nicht kannte. Und manchmal ist daraus eine nützliche Anwendung oder
eine neue Schaltung geworden. Oft finde ich dann Informationen zu
diesem Effekt, der in anderen Zusammenhängen schon bekannt war.
Manchmal weiß ich gar nicht, ob meine neue gefundene Anwendung wirklich
neu ist. Manches ist vielleicht in der Vergangenheit schon einmal
untersucht worden und dann wieder in Vergessenheit geraten.
In anderen Fällen gibt es zwar sehr teure Spezialbauteile für eine
besondere Aufgabe, aber sie beruhen auf bekannten Phänomenen, die auch
bei Standardbauteilen zu finden sind. Dann ist es mir ein Anliegen, die
einfachste und preiswerteste Lösung zu suchen, um einer breiten Gruppe
Interessierter die Möglichkeit zu geben, sich mit diesem Thema zu
beschäftigen.
Kürzlich habe ich mich mit Bleistift und Papier an den Schreibtisch
gesetzt und notiert, welche Phänomene, Sondereffekte oder erstaunliche
Schaltungen mir bisher über den Weg gelaufen sind. Da kam einiges
zusammen, und beim längeren Nachdenken noch viel mehr. Das war der
Ausgangspunkt für dieses Buch.
Wenn man lange und intensiv an einer Sache arbeitet, ist es ganz
normal, dass man neue Dinge entdeckt. Und wenn man dann die Möglichkeit
hat, dem nachzugehen, kann etwas Neues daraus werden. Die längste
Zeit meines Berufslebens habe ich für Verlage wie Franzis,
Elektor und Kosmos gearbeitet. Da ging es weniger um
HighTech-Entwicklungen als um möglichst einfache Grundlagenversuche.
Oft standen die Projekte unter starkem Kostendruck. Dann musste ich aus
möglichst wenigen und preiswerten Bauteilen möglichst interessante
Versuche zaubern. Viel Arbeit ist in die Elektronik-Adventskalender
geflossen, die Franzis zusammen mit Conrad gemacht hat. Die Idee war,
dass hinter 24 Türchen ebenso viele Bauteile zum Vorschein kamen, mit
denen dann 24 möglichst interessante Versuche durchgeführt werden
sollten. Das erforderte viel Kreativität, weil nicht nur mit sehr
wenigen Bauteilen gearbeitet wurde, sondern weil diese auch noch in
eine sinnvolle Reihenfolge gebraucht werden mussten.
Manchmal steuerte alles auf einen besonderen Versuch zu, für den
ein paar mehr Bauteile „gesammelt“ werden mussten. Was mache ich in der
Zwischenzeit mit diesen noch unvollständigen Bauteilen? Neue Versuche
mussten her, oft auch solche, die von den üblichen Schaltungen
abweichen. Die Schaltungen unterlagen dabei einem starken
Selektionsdruck, und ich musste oft lange experimentieren, bis ich ein
überzeugendes Ergebnis hatte. Und dabei bin ich manchmal auf Phänomene
gestoßen, die ich zuerst selbst nicht einordnen konnte. Oft hat es
recht lange gedauert, bis mir die Hintergründe klar waren. Und einige
Dinge sind bis heute noch nicht völlig geklärt.
Ich möchte in diesem Buch die aus meiner Sicht ungewöhnlichsten und
seltsamsten Effekte und Schaltungen der Elektronik zusammenfassen. Das
Ziel ist es, Ihre Neugier zu wecken und Ihren Forschergeist
anzustacheln. Bauen Sie die Versuche einmal nach und untersuchen Sie
die beschriebenen Effekte. Vielleicht gelingt Ihnen ja hier oder da der
entscheidende Durchbruch, der dann wieder zu neuen Ideen führt.
Bleiben Sie neugierig!
Ihr Burkhard Kainka
Inhalt
1 Dielektrische Absorption 1
1.1 Temperaturkoeffizient und Sondereffekte 1
1.2 Leckstrom keramischer Kondensatoren 3
1.3 Messung der Kondensator-Nachladespannung 7
1.4 Der Auslauf-Blinker 10 2 Piezoelektrische Effekte 16
2.1 Piezoscheiben polarisieren 16
2.2 LED-Lichtblitze mit einem Piezowandler 19
2.3 Der Piezo-Bewegungsmelder 20
2.4 Der Piezo-Sender 23
2.5 Das Zucker-Mikrofon 25 3 Ungewöhnliche Fotoeffekte 29
3.1 Lichtempfindliche Si-Dioden 30
3.2 LEDs als Lichtsensoren 32
3.3 Der selbstladende LED-Blitzer 35
3.4 EF80 als Fotozelle 39
3.5 Glimmlampe als Fotozelle 42 4 PN-Sperrschichten und Durchbrüche 45
4.1 NPN-Kippschwingungen 46
4.2 Aufbau eines LED-Blitzers 54
4.3 Multi-LED-Blitzer 55
4.4 Der Avalanche-Transistor 58
4.5 Dioden-Rauschen 62 5 Leuchtende Halbleiter 65
5.1 Milli-Lux messen 65
5.2 Messung an einer Silizium-LED 70
5.3 Si-Halbleiter als LED 76
5.4 Leuchtender Transistor 77
5.5 Lichtmessung an einem BC140 79
5.6 Erster Durchbruch einer LED 83
5.7 Messung am geschlossenen Transistor 85 6 Messung ionisierender Strahlung 86
6.1 Strahlungsmessung mit BPW34 86
6.2 Strahlungsmessung mit der Webcam 89
6.3 Alphastrahlung mit BC140 und BUZ45 messen 93
6.4 Eigenbau-Zählrohr 96
6.5 Ionisationskammern 100 7 Hautwiderstand und Hautkapazität 105
7.1 Messung der Hautimpedanz 105
7.2 Der Finger-Kondensator 112
7.3 Die Zweifinger-Orgel 115
7.4 Berühungssensoren 117 8 Laufzeit-Oszillatoren 121
8.1 Der Ring-Oszillator 121
8.2 Der Dreiphasen-Blinker 124
8.3 Analoges Lauflicht mit neun LEDs 125
8.4 Laufzeitoszillator mit Röhren 128 9 Ladungs- und Informationsspeicher 135
9.1 Der Zauberstab 135
9.2 Ein FET als statisches RAM 136
9.3 Das merkfähige RS-Flipflop 138
9.4 Datenerhalt in einem ATtiny85 140